Ich benutze als aktuelles Vorwort einfach mal einen aktuellen Blogbeitrag beim Forum agile Verwaltung zum Thema
Vorgeplänkel
Ja stimmt, ich bin dieser alte Schulmeister und Pensionär des Forums agile Verwaltung, der inzwischen auch bei der frisch gegründeten Hochschule für agile Bildung gelandet ist. Ich habe das große Glück, noch immer ein wenig in Sachen Schulentwicklung gehört zu werden, ohne dass ich neue Ideen auch in der harten Realität überprüfen muss. :-) Ideen entwickeln, sie weiterreichen und manchmal sehen, welche Erfolge sie entwickeln können, ist eine sehr befriedigende Lebenssituation.
Split4WinWin
Wir hatten vor dreieinhalb Jahren ein verrücktes Angebot unseres Forums agil lernen und lehren in diesem Blog veröffentlicht. Das Gesamtpaket kam damals nicht zum Einsatz, aber Split4WinWin wurde danach an mehreren Schulen ausprobiert. Allerdings nur von Lehrpersonen, die sich sowieso schon mit agilen Unterrichtsformen auskannten. Denn die Idee war ohne diese Vorkenntnisse schwierig umzusetzen. Agilität in der Bildung ist in erster Linie eine Sache der Haltung zwischen Lehrenden und Lernenden. Deshalb ist die Lehrer:innenausbildung bei uns an der HfaB in Zürich auch ziemlich anders aufgestellt als üblich. Denn die richtige Haltung ist zwar eigentlich „simple, but not easy“ beschreibt es Prof. Dr. Christof Arn, einer der Gründer der Hochschule, wenn er über gute Bildung spricht. „Gute Bildung ist schlicht gute Zusammenarbeit. Zwischen Lehrenden und Lernenden.“ meint er.
Die eigene Haltung ändern, das weiß jeder von sich selbst, das ist ein echt hartes Geschäft. Eben not easy.
Ich stelle Ihnen hier mal wieder eine schlaue agile Idee in den Raum.
Und es wäre schön, wenn Sie sich als Leser:in diese Idee merken könnten, um sie irgendwann im Gespräch mit einer Lehrerin oder einem Lehrer im Freundeskreis so ganz nebenbei einmal einzustreuen, um ein klein wenig eigene agile Schulentwicklung zu betreiben.
Das sprechende Physikmagazin
Das Einstreuen geht etwa so: Sie sitzen bei Kaffee und Kuchen, und ein:e Freund:in am Tisch - Lehrer:in - klagt über die Belastungen von Schule, speziell in Coronazeiten.
Sie: „Sag mal, da fragt sich in einem Blog des Forums agile Verwaltung ein alter Schulmeister namens Otto Kraz (Physik und Mathe - Otto Kraz ist mein pädagogischer Künstlername), ob seine verrückte agile Unterrichtsidee auch für den ganz normalen Unterricht durchführbar wäre. Oberstufe Physik. Ohne dass man irgendeine Ahnung oder Ausbildung in agiler Didaktik gemacht hat.“
Wenn Ihr:e Gesprächspartner:in ein klein wenig positiv zuckt - man merkt sowas - geht das Gespräch etwa so weiter. „Also dieser Otto Kraz meint, alle bekannten physikalischen Schulbücher wären sowas wie abgedruckter Frontalunterricht. Ungeeignet, damit selbstständig forschenden Physikschüler:innen einen effektiven Rahmen zu geben. Agile Schulbücher müssten klar das Ziel definieren, aber eben nicht jeden Schritt des Wegs bis dorthin. Müssten viel Raum für eigene Ideen lassen. Für eigenes Experimentieren.“
Falls jetzt tatsächlich Staunen und weiteres Interesse entsteht, wäre ein Bild nicht schlecht.
Dieses Bild hat man „zufällig“ auf dem Smartphone abgespeichert und zückt es jetzt. „Schau mal, so in etwa stellt sich dieser alte Kraz das vor. Er experimentiert gerade selbst mit diesem Format. So ein Skript könnte aber jede Lehrperson für sich selbst entwickeln. Kraz meint, Lehrpersonen wären sowieso eher Individualisten. Er selbst war ja auch mal Schulmeister.“
Nicken auf der anderen Seite? Dann also weiter.
„Und jetzt die Kraz‘sche These: Wenn man einer kleinen starken aktiven Gruppe im Physikunterricht das Kapitel 8 und 9 in Form eines sprechenden agilen Physikbüchleins in die Hand drückt und …
„ Sprechend?“ wird Ihr Gegenüber sofort sagen. „Was ist das?“ -
Sie: „Na ja, die Lehrperson hat vorher die beiden Kapitel besprochen, als mp3 aufgenommen, um es dann dem selbstständigen Schüler:innen-Team zur Verfügung zu stellen. Sehr individuell eben.“
… „Was für eine Heidenarbeit“ wird Ihr Gegenüber vielleicht sagen.
Sie: „Aber immer wieder einsetzbar. Auch von den Kolleg:innen. Da könnten sich auch mehrere Kolleg:innen einer Fachschaft zusammentun. Sogar von verschiedenen Schulen. Außerdem ist doch In-ein-Mikro sprechen fast so wie das, was du auch im Unterricht machst.“ …
„Na schon, aber trotzdem“. Ihr Gegenüber wird sich etwas winden. „Außerdem: Kollegiale Zusammenarbeit ist zwar in der Hattie-Studie einer der Faktoren mit der höchsten Effektstärke, aber im Alltag eher ungewöhnlich.“
Aber Ihr Gegenüber ist möglicherweise jetzt doch noch immer interessiert.
„Und dann? Wie soll es nach diesem Kraz dann weitergehen?“ fragt Ihr Gesprächspartner.
“Na ja“, sagen Sie. „Der Kraz behauptet, viele Schüler:innen könnten in der Schule nie wirklich loslegen, weil man ja alle mitnehmen müsse. Und weiter behauptet er, dass eine starke Schüler:innengruppe mit einem sprechenden agilen Physikskript z.B. Kapitel 8 und 9 selbstständig erarbeiten könnte, während die Lehrperson ganz normalen Unterricht mit Kapitel 8 macht.“
So ganz versteht Ihr Gegenüber die Idee sicher noch nicht, also legen Sie nach.
„Der Kraz meint einfach, man solle die Fähigkeiten aktiver Schüler:innen viel mehr nutzen, um Unterricht zukunftskompatibel zu machen.“
Da wird Ihr Gegenüber nicht widersprechen. Das ist allgemeines Lehrer:innenwissen. Die starken Schüler:innen werden zu wenig gefordert und gefördert.
Sie legen nach: „Wie förderst du denn die Starken in der Klasse?“
Und schon sind Sie mitten in einer Schulentwicklungsdiskussion über Agilität und Bildung.
„Der Kraz sagt übrigens Kollaborative Improvisation zu agilen Konzepten. Die Ziele sind klar - der Bildungsplan gibt sie ja vor - und die Lehrperson sollte zusammen mit den Lernenden losziehen, kleinschrittig experimentierend und mit möglichst viel eigenständiger Teamarbeit. Und Fehler machen dürfen. Und immer wieder nachbessern. …“
Für Ihr Beispiel mit dem waagrechten Wurf haben Sie natürlich die "Hammerkiste" als Video parat. „Haben echte Schüler:innen selbstständig nach dem sprechenden Physikmagazin gebaut."
Die horizontale Bewegung und die vertikale Bewegung überlagern sich ungestört. Hat Galilei schon vermutet.“
Ihr Gegenüber wird tief beeindruckt sein.
p.s. Vertiefend für die Physiklehrer:in: Wen es näher interessiert: Im Moment experimentiere ich an der Idee und eine Klasse testet das Konzept und meldet zurück. Und hier bastle ich.
Liebe Physikkolleg:in .. Ich denke im Moment tatsächlich, dass sich unser Fach bestens anbietet, mit solch einem Konzept in der Oberstufe zu experimentieren. Probieren sie es doch einfach mal aus. Verwenden Sie zuerst einmal meine Krazeleien, um sie dann auf Ihren eigenen Unterricht zuzuschneiden. Alles cc by Otto Kraz. Also bedienen Sie sich.